Plenarwoche: „Eigenlob wird der Regierungskoalition nichts nutzen“

24.03.2023

  • Sicherheit braucht ausreichende Mittel und Anerkennung der Polizei
  • Hessens Wohnungsbau droht der Kollaps
  • Kultusminister schwänzt Bildungsgipfel und verweigert Engagement
  • Versammlungsfreiheitsgesetz schränkt Freiheit ein
  • Grüne haben eine „windige Haltung“ zum Bau von Straßen
  • Weitere Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nötig
  • Harald Wack zum nicht-richterlichen Mitglied des Staatsgerichtshofs gewählt

WIESBADEN – Es war in den Reden der Plenarwoche vom März 2023 zu spüren, dass die Landtagswahl vom 8. Oktober 2023 näher rückt. „All das Eigenlob von CDU und Grünen bringt Hessen keinen Schritt sicherer in eine erfolgreiche Zukunft“, befand der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK. „Die schwarz-grüne Koalition war und ist kein Erfolgsmodell für unser Bundesland, da nutzt das Schönreden jetzt auch nichts.“

„Die hessische Polizei braucht mehr als Lob und Anerkennung – nämlich eine funktionierende und zeitgemäße Ausstattung sowie gute Arbeitsbedingungen“, forderten die Freien Demokraten anlässlich der Regierungserklärung von Innenminister Peter Beuth zur polizeilichen Kriminalstatistik. „Der Innenminister hat sich in seiner Regierungserklärung für seine vermeintlich erfolgreiche Sicherheitspolitik gelobt. Ungeachtet der realen Sicherheitslage in Hessen sollte er dann wenigstens der Polizei einen uneingeschränkten Vertrauensschutz gewähren. Eine verfassungsgemäße Bezahlung gehört auch dazu, um motiviert für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen zu können“, erklärte Rock. In Bezug auf die genutzte Datenanalyse-Software Hessendata und auf die Bezahlung der Polizistinnen und Polizisten sagte Rock: „Minister Beuth nimmt es mit der Verfassungstreue offenbar nicht so genau. Gerichte haben festgestellt, dass sowohl die Nutzung der Hessendata-Software als auch die Beamtenbesoldung nicht verfassungskonform sind. Der Innenminister muss schnell einen verfassungskonformen Gesetzentwurf zur Nutzung einer Datenanalyse-Software vorlegen.“ Über die trotz Nachbesserungen immer noch verfassungswidrige Beamtenbesoldung sagte Rock: „Mit nicht angemessener Bezahlung lässt sich kein wettbewerbsfähiger öffentlicher Dienst schaffen. Erst recht nicht, weil auch bei anderen Arbeitgebern Arbeitskräftemangel herrscht. Dass die Bezahlung vieler Polizistinnen und Polizisten weiter verfassungswidrig ist, beschädigt das Vertrauen der Bediensteten. Gerade die Polizei, von der zu Recht eine Führungs- und Fehlerkultur gefordert und erwartet wird, fragt sich zu Recht, ob die Bindung an Recht, Gesetz und Werte nur für sie gilt, oder ob der Innenminister als Dienstherr sich auch damit identifiziert.“

„Dank des grünen Eingriffsstaats droht dem Wohnungsbau in Hessen der Kollaps“, konstatierte Rock mit Blick auf steigende Baukosten, Lieferkettenprobleme und Arbeitskräftemangel. Vor diesem Hintergrund bekräftigten die Freien Demokraten ihre Forderung nach einem Booster für den Wohnungsbau. „Bis zum Jahr 2040 fehlen mindestens 360.000 Wohnungen in Hessen. Nicht der öffentliche Wohnungsbau wird die Wende bringen, sondern der private, betonte Rock. Die Freien Demokraten hatten die notwendige Entfesselung des Wohnungsbaus zu ihrem Schwerpunkt der aktuellen Plenarwoche gemacht.

Rock nannte ein Bündel an Maßnahmen, die den privaten Wohnungsbau voranbringen können: „Hessen muss schneller werden, sowohl beim Erteilen von Baugenehmigungen als auch bei der Ausweisung von Bauland. Ein vollständig vorliegender Bauantrag muss nach zwei Monaten automatisch als genehmigt gelten, und für Kommunen, die Bauland mobilisieren, muss es Anreize im Kommunalen Finanzausgleich geben.“ Darüber hinaus müssten Mietpreisbremse, Kappungsgrenze und Umwandlungsverbot fallen. „Die Mietpreisbremse hat Investitionen ausgebremst, aber nicht die Mieten. Gegen steigende Mieten hilft nur mehr Wohnungsbau, um das Angebot zu vergrößern“, erinnerte Rock. „Hinzu kommt, dass staatliche Eingriffe massive Kostensteigerungen zur Folge haben. Holz gewinnt als Baustoff an Bedeutung, aber hessische Sägewerke beklagen einen akuten Rohstoffmangel. Ein Grund dafür liegt in der Entscheidung der Landesregierung, immer mehr Flächen des Staatswaldes aus der Nutzung zu nehmen.“ Auch die Rohstoffe Sand und Kies müssten von weit her importiert werden, seit sie nicht mehr in Hessen abgebaut werden dürfen. „Das ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.“

Die Freien Demokraten kritisierten in ihrer Aktuellen Stunde Hessens Kultusminister Alexander Lorz scharf für sein Fernbleiben vom Bildungsgipfel von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. „Schwänzen ist ein fatales Zeichen in Zeiten fehlender Lehrkräfte, eines zunehmenden Bedarfs der Schülerschaft an Psychologen und Sozialarbeitern, überforderter Schulleitungen und eines enorm hohen Vertretungsbedarfs sowie in Zeiten, in denen es in Schulen reinregnet und die Toiletten defekt sind. Während die Bildungspolitik in Berlin Bund, Länder, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammenbringen will, hat Hessens Kultusminister die ausgestreckte Hand der Bundesbildungsministerin ausgeschlagen“, legte Rock dar. Dabei müssten die genannten Akteure die Probleme in der Bildung angesichts des Ausmaßes der Herausforderungen gemeinsam mit klaren Zielen und Schwerpunkten angehen. 2015 hatte Lorz selbst einen Bildungsgipfel veranstaltet, bei dem nicht mal ein Abschlussdokument zustande gekommen war. „Herr Lorz hat das Scheitern damals auf Opposition und Verbände geschoben und gesagt, er habe die Hände ausgesteckt; eine ausgestreckte Hand müsse aber auch ergriffen werden. Nun hat Lorz selbst die Chance zur Mitwirkung verpasst.“

Das sogenannte Versammlungsfreiheitsgesetz von CDU und Grünen wurde im Landtag in zweiter Lesung erörtert. „Wir Freie Demokraten kritisieren, wie die Landesregierung das Versammlungsfreiheitsgesetz ausgestaltet hat. Wichtige Anregungen zu nötigen Änderungen wurden nicht berücksichtigt“, erläuterte Rock. So müsse der Titel des Gesetzes in „Versammlungsgesetz“ geändert werden. Der Begriff Versammlungsfreiheitsgesetz sei irreführend, da der Gesetzentwurf de facto die Versammlungsfreiheit einschränke. Des Weiteren forderte Rock, dass die Behördenzuständigkeit bei Versammlungen klar geregelt sein müsse: „Die Unklarheit im Gesetzentwurf wird die bestehenden Kompetenzstreitigkeiten zwischen Polizei und Ordnungsbehörden beibehalten.“ Im Entwurf der Landesregierung sei außerdem geregelt, dass die Polizei bei Demonstrationen Bilder zur Übersicht anfertigen dürfe, wenn es für den Einsatz erforderlich sei. „Das geht das zu weit. Solche Bilder sollen nur in Einzelfällen angefertigt werden oder wenn es Anhaltspunkte gibt, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist“, sagte Rock. Das Speichern dieser Aufnahmen lehnen die Freien Demokraten ab. Rock ergänzte: „Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut in unserer Demokratie und legitimer Protest ist ernst zunehmen. Dieses Recht darf auf der anderen Seite jedoch nicht missbraucht werden für illegale Aktionen der Nötigung unter dem Deckmantel einer Demonstration.“

Als energiepolitischer Sprecher attestierte Rock den Grünen eine „windige Haltung“ zum Bau von Straßen in Hessen: „Wenn es den Grünen ideologisch passt, dürfen auch schwer befestigte Straßen durch sensible Wälder gebaut werden, und das ganz ohne Baugenehmigung“, stellte Rock anlässlich der Plenardebatte fest. Hinter dem mit dem Wortungetüm der „Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ kaschierten Tagesordnungspunkt stecke unter anderem eine Änderung der Hessischen Bauordnung, wonach für Zufahrtsstraßen zu Windkraftanlagen generell kein Bauantrag gestellt werden müsse. „Wenn es um den Ausbau von Ortsumgehungen und die Entlastung der Menschen geht, braucht die Landesregierung Jahre und verlangt immer neue Gutachten und Untersuchungen. Wenn es aber um Windkraftanlagen geht, dann spielt der Naturschutz offenbar keine Rolle. Dann dürfen Schneisen in FFH-Gebiete geschlagen werden“, erklärte Rock. FFH-Gebiet steht für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Hinter diesem Begriff verbergen sich die Lebensräume von Tieren und Pflanzen, die nach EU-Recht geschützt sind.

Rock hält deshalb Baugenehmigungen für die Zufahrten zu Windkraftanlagen für notwendig: „Damit werden vermeidbare und unverhältnismäßige Eingriffe in Wälder vermieden.“ Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof solche Baugenehmigungen in seinem Urteil zum geplanten Großwindpark im nordhessischen Märchenwelt angemahnt hatte. „Dort sollen Forstwege über mehrere Kilometer aus- und neu gebaut werden. Diese Straßen durch den Wald sind vergleichbar mit einer klassischen innerörtlichen Straße, auf der entsprechend den Richtlinien für die Anlage von Straßen täglich 3.000 Pkw, darunter 60 Lkw fahren können. Hier kann beim besten Willen nicht mehr von Forstwegen sprechen.“

Anlässlich der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Dritten Medienänderungsstaatsvertrags reichten die Freien Demokraten einen eigenen dringlichen Antrag ein, in dem sie weitere Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks forderten. Als medienpolitischer Sprecher betonte Rock die Bedeutung, des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im demokratischen Meinungsbildungsprozess einer Gesellschaft mit schier unendlichen Informationsangeboten. „Wir Freien Demokraten halten jedoch drei Reformfelder für essentiell, wenn wir Akzeptanz und Finanzierung bewahren wollen. Das sind die Stärkung und Qualität der digitalen Transformation, die Optimierung der Strukturen und Zusammenarbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Sicherung der Beitragsstabilität sowie die Förderung von „Good Governance“. Mit dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag sollte ein erster Schritt mit dem Ziel einer Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils des Rundfunks und seiner zukunftsfähigen Entwicklung erfolgen. „Wir Freien Demokraten erwarten, dass die Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten auf der Grundlage von belastungsfähigen Kennzahlen wie z.B. Kosten pro Sendeminute oder Nutzerzahl erfolgt“, unterstrich Rock. „Wir fordern die Landesregierung auf, sich bei den weiteren Verhandlungen der Länder dafür einzusetzen, dass ein zeitgemäßer Auftrag mit spürbaren Effekten bei der Berechnung des Rundfunkbeitrages in Einklang gebracht werden kann. Zudem muss bei den Verhandlungen der Länder über die künftige Struktur und Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine frühzeitige und angemessene Beteiligung der Landtage sichergestellt werden.“

Der Präsident des Verwaltungsgerichts Gießen, Harald WACK, wurde am 23. März 2023 durch den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Dr. Wilhelm Wolf, als nicht richterliches Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshof vor dem Hessischen Landtag vereidigt. Wack war zuvor vom Wahlausschuss des Hessischen Landtags gewählt worden. „Ich gratuliere Harald Wack zu seiner Wahl auf das Herzlichste und wünsche ihm für seine neuen Aufgaben alles Gute und viel Erfolg“, sagte Rock. „Ich freue mich nicht nur, dass ein so erfahrener Jurist aus Gießen sich nun in die Arbeit des Staatsgerichtshofs einbringt, sondern dass damit auch ein Freier Demokrat im Verfassungsgericht des Landes den in der Verfassung des Landes Hessen zum Ausdruck gekommenen Willen des hessischen Volkes zu hüten und zu bewahren hilft.“

Mehr Informationen und Videos zur Plenarwoche finden Sie unter fdp-fraktion-hessen.de/plenarberichte