Plenarwoche: „Hessen hat eine bessere Regierungspolitik verdient“

11.11.2021

ROCK: Hessen hat eine bessere Regierungspolitik verdient

  • 9. November 1938 war Ausdruck unvorstellbarer Barbarei
  • Solide Staatsfinanzen senken Inflationsrisiken
  • Verfassungsbruch bei den Staatsfinanzen: Kann Bouffier noch führen?
  • Hessen braucht eine neue Gründeroffensive
  • Coronapolitik muss Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren

WIESBADEN – Zum Start der Plenarwoche des Hessischen Landtags im November 2021 ging es um den Staatsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen.  Der erste Plenartag fand in diesem Sinne an einem bezeichnenden Datum statt, dem 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht 1938. „Dieser Tag unvorstellbarer menschlicher Barbarei ist für mich bis heute nicht nachvollziehbar“, erklärte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK. „Er wird uns Freien Demokraten immer eine Mahnung sein, dem Antisemitismus in unserem Land entschieden entgegenzutreten. Ich bin genau aus diesem Grund regelmäßig im Austausch mit den Jüdischen Gemeinden in Hessen und Frankfurt, um konkrete Wege zu finden, wie wir allen Formen von Hass und Diskriminierung entgegenwirken können. Die Verlängerung des Staatsvertrags mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen ist ein starkes Zeichen, wie sehr wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland schätzen, wie sehr uns jüdische Kultur und jüdisches Leben bereichern und wie sehr diese Kultur auch Teil unseres geschichtlichen und kulturellen Selbstverständnisses ist.“

„Hessen hat in jeder Hinsicht eine bessere Regierungspolitik verdient“, bemerkte Rock zu den vielfältigen Herausforderungen, die im Landtag debattiert wurden. Eigentlich waren für die November-Sitzungswoche umfassende Haushaltsberatungen geplant gewesen. Doch dann erklärte der hessische Staatsgerichtshof in einem Urteil das hessische „Corona-Sondervermögen“ für verfassungswidrig. Weil die Landesregierung dieses Szenario offenbar nicht in Betracht gezogen und dem Landtag keinen Alternativplan vorgelegt hatte, mussten kurzfristig die weiteren Lesungen des Haushaltsgesetzes verschoben werden.

 In ihrer Aktuellen Stunde forderten die Freien Demokraten Hessens Finanzminister Michael Boddenberg auf, die Inflationsrisiken durch eine solide Haushaltspolitik zu senken. „Die Landesregierung befasst sich nicht mit der Frage des Haushalts und dessen rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern setzt ganz unbekümmert den Rotstift bei den Sparern an“, kritisierte Rock. „Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes leiden massiv unter den hohen Preisen, von den Heizkosten über die überhöhten Benzinpreise bis zu Lebensmitteln und vielem mehr. Währenddessen hat sich die schwarz-grüne Landesregierung einen 12-Milliarden-Euro-Schuldentopf am Parlament vorbei angelegt, das sogenannte Sondervermögen, gegen das FDP und SPD erfolgreich vor dem Hessischen Staatsgerichtshof geklagt hatten. Der Finanzminister muss aufhören, die Inflation weiter anzuheizen, indem er Hessen auf Kosten zukünftiger Generationen verschulden will. Wir brauchen einen Vorrang für Investitionen vor Konsumausgaben. Das funktioniert ganz ohne Schattenhaushalte, die der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden. Statt Umverteilung brauchen wir schnellere Abschreibungen für Klimaschutz und Digitalisierung, Erleichterungen für den Mittelstand sowie Entlastung für kleine und mittlere Einkommen. Das nämlich kurbelt die Produktion und damit das Angebot an – und das senkt die Inflation.“

Rock forderte angesichts der Verfassungswidrigkeit des Sondervermögens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auf, die Konsequenzen aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs zu ziehen und Finanzminister Michael Boddenberg zu entlassen. „Herr Boddenberg hat den 12 Milliarden Euro schweren Schuldentopf namens Sondervermögen zu verantworten, den der Staatsgerichtshof nach Klage von FDP und SPD jetzt für verfassungswidrig erklärt hat“, erklärte Rock und erinnerte daran, dass Schwarz-Grün zuvor alle Warnungen und konstruktiven Vorschläge der Opposition zur haushaltskonformen Ausgestaltung der Corona-Hilfen in den Wind geschlagen hatte. „Wo ist der Ministerpräsident? Eine ausführlichen Regierungserklärung wäre das Mindeste gewesen, was die Bürgerinnen und Bürger angesichts dieses riskanten und fragwürdigen juristischen Spiels verdient hätten. Ich frage mich, ob Volker Bouffier überhaupt noch den Willen und die Energie hat, diese Landesregierung zu führen. Seit 15 Tagen haben wir von ihm zum Urteil des Staatsgerichtshofs nichts gehört. Das Land braucht jetzt eine starke Führung, doch der Ministerpräsident taucht ab. Er lässt die Corona-Politik bis zum Verfassungsbruch laufen, dem bis heute keinerlei Konsequenzen gefolgt sind. Herr Bouffier muss den Finanzminister entlassen. Doch ich sehe weder bei ihm noch beim Finanzminister auch nur einen Millimeter Selbsterkenntnis. Wenn der Ministerpräsident aber nicht mehr willens oder in der Lage ist, Hessen in einer Krisensituation zu führen, muss er zur Seite treten und andere diese Aufgabe übernehmen lassen. Zur Erinnerung: Es geht hier nicht um die CDU, sondern um unser Bundesland Hessen. Die Finanzpolitik muss wieder auf den Boden der Verfassung zurückgeführt werden.“

Ihren Setzpunkt widmete die Fraktion der Freien Demokraten der Forderung nach einer neuen Gründeroffensive.  „Durch Kurzarbeitergeld, Soforthilfen sowie November- und Dezemberhilfe ist es gelungen, den Unternehmen durch die Krise zu helfen. Doch im November 2021 geht es nicht mehr um diese kurzfristigen Überlebenshilfen, sondern um die Frage, wie unsere Wirtschaft wieder zukunftsweisendes Wachstum generieren kann. Dazu gehören auch Neugründungen in Hessen, neue Ideen und neue Technologien, wir brauchen eine Gründeroffensive“, forderte Rock.  

Hessen liegt beim KfW-Gründungsmonitor lediglich auf Platz acht, der Hessische Industrie- und Handelskammertag spricht in seinem Gründerreport von seit 2015 rückläufigen Gewerbeanmeldungen. „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft des Unternehmertums in Hessen“, gab Rock zu bedenken. „Es ist dringend notwendig, den Themen Wirtschaft, Unternehmertum und Gründung im Schulunterricht mehr Bedeutung zu schenken. Wer die Schule verlässt und denkt, Unternehmertum sei grundsätzlich böse oder zu riskant, wird unser Land eher nicht mit Wagemut, neuen Ideen und modernen Arbeitsplätzen voranbringen wollen. Konkret denken wir an eine Entbürokratisierung des Gründungsprozesses und Mikrodarlehen für Gründerinnen und Gründer.“

Rock wiederholte anlässlich der Debatte über die verschärften hessischen Corona-Verordnungen seine Forderung einer angemessenen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft. „Das hat die schwarz-grüne Landesregierung seit Beginn der Corona-Erkrankungen vor nun fast zwei Jahren nicht hinbekommen“, verdeutlichte Rock. „Hessen hatte und hat so viele politische Mittel dafür zur Verfügung, darunter die nun endlich eingeführte Testpflicht für Alten- und Pflegeheime, kostenlose Bürgertests sowie mehr Tempo beim Impfen und Boostern. Es ist mir völlig unverständlich, weshalb nicht früher und vor allem schneller Anstrengungen unternommen wurden, um gezielt die Risikogruppen mit der notwendigen dritten Impfung, der sogenannten Booster-Impfung, zu versorgen. Und weshalb es nicht schon früher eine automatische, digitalisierte Information und Kommunikation gegenüber den ja bei den ersten Impfungen erfassten Gruppen gab. Außerdem ist es der Landesregierung bis heute nicht gelungen, ihre Impfbemühungen zu verbessern. Es gibt bis heute keine flächendeckenden, niedrigschwelligen Impfangebote“. Auch die Abschaffung der der kostenlosen Bürgertests kritisierten die Freien Demokraten. „Es war doch klar, dass sich weniger Menschen testen lassen, wenn die Tests nicht mehr kostenlos sind“, unterstrich Rock. „Und was hat Schwarz-Grün eigentlich unternommen, um die Intensivmedizin in den Krankenhäusern in diesen knapp zwei Jahren auszubauen und zu stärken? Nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik gab es so tiefgreifende Grundrechtseingriffe wie in der Corona-Pandemie. Es wird höchste Zeit, dass das Parlament wieder seine Befugnisse zurückerhält, um mit und unter den Menschen Corona-Politik zu gestalten, und nicht von oben herab. Es ist daher richtig, dass die Fraktionen des Bundestages die harten Maßnahmen aus dem Infektionsschutzgesetz abschaffen und den Ländern nur noch befristet einfache Maßnahmen ermöglichen.“

Mehr Informationen und Videos zur Plenarwoche finden Sie unter https://fdp-fraktion-hessen.de/plenarberichte/