Plenarwoche: „Klimaschutz braucht maximale Technologieoffenheit“

30.06.2023

ROCK: Klimaschutz braucht maximale Technologieoffenheit

  • Hessen muss Chancen der Geothermie nutzen
  • Entwertung des Erzieherberufs gefährdet frühkindliche Bildung
  • Die Mobilität der Zukunft muss den Menschen dienen, nicht Ideologien
  • Mehr Transparenz bei der Förderung von Organisationen nötig

WIESBADEN –  Vor Beginn der Plenarwoche im Juni 2023 würdigten die Abgeordneten im hessischen Landtag am 27. Juni zunächst feierlich das 175. Jubiläum der Zusammenkunft der Frankfurter Nationalversammlung. Am 18. Mai 1848 war das erste frei gewählte Parlament Deutschlands in der Paulskirche zusammengekommen. Festredner Bundestagspräsident a.D. Prof. Dr. Norbert Lammert betonte, dass unterschiedliche Auffassungen und Widerspruch die logische Voraussetzung von Meinungsfreiheit seien. Es sei kein Problem lebendiger Demokratien, dass immer mehr Menschen ihre eigene Meinung mit Nachdruck verträten, zum Problem werde die zunehmende Haltung, die eigene Position sei die einzig mögliche.

„In der Frankfurter Paulskirche kamen Menschen zusammen, die für ihre Grund- und Freiheitsrechte gekämpft haben. Und dort wurde die Reichsverfassung verabschiedet, die unser Grundgesetz stark geprägt hat. Der Wert von Freiheit und Demokratie wurde ausgesprochen und ausformuliert. Das ist für uns Freie Demokraten auch heute noch die politische Grundlage, auf der wir stehen“, ergänzte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK. „Ja, es ist anstrengend, vielleicht so gar eine Zumutung, das Ringen um die richtigen politischen Rahmenbedingungen für eine freie Gesellschaft auszuhalten, Mehrheiten zu akzeptieren, Kompromisse zu erzielen, Entscheidungen durchzusetzen oder umgekehrt gegen die eigene Meinung zu akzeptieren. Aber es ist der einzige Weg, allen Bürgerinnen und Bürgern ein selbstbestimmtes und gelingendes Zusammenleben zu ermöglichen.“

Das Potenzial der Geothermie für die Wärmeversorgung in Hessen hatten die Freien Demokraten zu ihrem Schwerpunktthema in dieser Plenarwoche gemacht. Insbesondere die Tiefen-Geothermie mit einer Bohrtiefe von über 400 Metern biete große Chancen. Rock kritisierte erneut die Untätigkeit der Landesregierung mit Blick auf eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energieversorgung: „Das ist inzwischen ein Problem für den Wirtschafts- und Industriestandort Hessen. Vielversprechende Technologie und Chancen bleiben in Hessen ungenutzt. Beim Wasserstoff sind CDU und Grüne untätig. Wir haben dazu ein Fördergesetz eingebracht. Bei der Wasserkraft drehen sie den über 600 Wassermühlen lieber das Wasser ab. Auch bei der Biomasse und beim Bioerdgas wollen sie eher weniger statt mehr. Die Holznutzung schränken sie ein, statt sie zu fördern. Deshalb legen wir mit unserem Antrag den Fokus auf eine weitere vielversprechende Technologie, die Tiefen-Geothermie. Geothermie gehört zu den regenerativen Energien. Sie ist CO₂-frei und stößt keine Schadstoffe aus. Erdwärme ist jederzeit verfügbar, unabhängig vom Wetter und der Jahreszeit – ein klarer Vorteil gegenüber Solar- und Windkraft. Erdwärmekraftwerke verbrauchen im Vergleich zur Windkraft oder Solarenergie nur sehr wenig Fläche. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Die Konkurrenz um Fläche ist im Rhein-Main-Gebiet besonders groß. Die Landwirtschaft kämpft um jeden Hektar. Wir benötigen außerdem jede Fläche für Wohnraum.“
 Rock verwies auf die günstige geografische Lage Hessens: „Aufgrund der Lage im Oberrheingraben hat Hessen beste Voraussetzungen für den Einsatz von Erdwärme, dennoch gibt es hier bisher kein einziges kommerzielles Erdwärmekraftwerk. Das Potenzial zur Nutzung von Tiefen-Geothermie in Hessen muss erschlossen werden. Andere Länder, zum Beispiel Bayern und Baden-Württemberg, haben es bereits vorgemacht und eine Road-Map zur Nutzung von Erdwärme vorgelegt. Außerdem ist es wichtig, dass hessische Kommunen im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung bei der Realisierung von Erdwärmekraftwerken unterstützt werden. Dazu muss ein Sonderförderprogramm aufgelegt werden.“ Die aktuelle Heizungsdebatte verdeutliche die Relevanz von Geothermie: „Alle geeigneten Heiztechnologien sollen zu einer klimafreundlichen Energieversorgung beitragen können. Dazu gehört auch Erdwärme. Es geht um eine grundlastfähige, bezahlbare und klimafreundliche Wärmeversorgung Hessens, nicht um die ideologisch motivierte Fokussierung auf Windkraft und Solarenergie. Wir brauchen maximale Technologieoffenheit.“

„Frühe Bildung hat für den Bildungserfolg von Kindern eine große Bedeutung. Gleichzeitig fehlen uns in Hessen zahlreiche Erzieherinnen und Erzieher. Die Förderung von Kindern und deren Chancen im Leben ist immer noch nicht im Fokus von Schwarz-Grün“, kritisierte Rock anlässlich der Aktuellen Stunde der Freien Demokraten im Plenum. Rock zeigte sich entsetzt über die Pläne der regierungstragenden Fraktionen, den sogenannten Fachkräftekatalog „nach unten“ zu öffnen: „Der schwarz-grüne Gesetzentwurf sieht vor, dass zukünftig fast jeder als Fachkraft in Kitas arbeiten kann, in bestimmten Fällen sogar Personen ohne jegliche Ausbildung. Die pädagogische Weiterbildung erfolgt erst während des laufenden Arbeitsverhältnisses und hat gerade einmal einen Umfang von 160 Stunden. Was in anderen Berufsfeldern niemals denkbar wäre, muss auch in der frühkindlichen Bildung ein Tabu bleiben. Der Erziehermangel darf nicht durch eine Absenkung von Standards bekämpft werden. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Fachkräfte fällten in einer Anhörung ein vernichtendes Urteil über dieses Vorhaben.“ Rock erinnerte an die Konsequenzen der Regelungen des Gesetzentwurfs hin: „Eine angemessene frühe Bildung kann unter diesen Voraussetzungen nicht mehr gewährleistet werden. Zudem wird der Erzieherberuf entwertet. Das kann mittelfristig dazu führen, dass voll ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher sich angesichts des Arbeitsumfelds dazu entscheiden, den Beruf zu verlassen. Letzten Endes würden dadurch womöglich noch weniger ausgebildete Fachkräfte in Kitas arbeiten.“ Um eine hochwertige frühkindliche Bildung sicherzustellen, müsse der Bildungsaspekt in den Einrichtungen wieder priorisiert und die Entwertung des Erzieherberufs gestoppt werden. Rock fordert: „Der Gesetzentwurf darf so nicht verabschiedet werden, denn es besteht noch großer Nachbesserungsbedarf. Unter anderem muss der Fachkräftekatalog auch ‚nach oben‘ geöffnet werden, damit die Arbeit in den Kindertagesstätten für höher qualifizierte pädagogische Fachkräfte wieder attraktiver wird. Zudem soll es einen Anreiz für Erzieherinnen und Erzieher geben, sich weiterzuqualifizieren.“

Der Landtag widmete sich in dieser Plenarwoche den Ergebnissen der Enquetekommission «Mobilität der Zukunft in Hessen 2030». Das Gremium hatte seit 2021 fraktionsübergreifend die Verkehrsprobleme im Land beraten und dafür auch zahlreiche Fachleute befragt. Rock begrüßte zunächst, dass es bei einigen Themen in der Enquetekommission zur Konsensfindung kam: „In den Fraktionen besteht Einigkeit, dass die Menschen in Hessen Freiheit bei der Wahl ihres Verkehrsmittels haben sollen. Konsens besteht ebenso darin, dass die Verkehrsinfrastruktur ausreichend finanziert sein muss und qualitativ hochwertig zu gestalten ist. Wir Freie Demokraten teilen auch das Ziel der Enquetekommission, Planungsverfahren im Verkehrsbereich zu beschleunigen.“

„Doch die beschlossenen Ziele bestehen schon heute den Realitätscheck nicht“, kritisierte Rock. „In Wirklichkeit sind Straße und Schiene in Hessen unterfinanziert. Anstatt den Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben, blockiert Tarek Al-Wazir die Beschleunigung von fast 25 Prozent der von Bundesverkehrsminister Volker Wissing vorgeschlagenen Autobahnprojekte. Hessen darf aber nicht von der neuen Deutschlandgeschwindigkeit abgehängt werden.“

„Die individuelle Freiheit, und somit auch das individuelle Mobilitätsbedürfnis, muss im Vordergrund aller Überlegungen stehen. Den Menschen soll Mobilität nach ihrer Façon möglich sein“, betonte Rock und ergänzte: „Die Politik darf sich bei der Planung niemals von den Menschen entfernen. Die Mobilität der Zukunft muss den Menschen dienen, nicht Ideologien. Wir unterstützen als Freie Demokraten alle Verkehrsträger.“ Der Schwerpunkt der Mobilitätspolitik müsse auf der Sicherstellung eines Angebots liegen, das eine möglichst schnelle, komfortable, sichere und umweltschonende Mobilität ermöglicht. Im Hinblick auf den Klimaschutz erläuterte Rock: „Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Enquetekommission setzen wir Freie Demokraten bei der Erfüllung der Klimaschutzziele auf Technologieoffenheit.“ Außerdem solle CO₂ nicht starr im Verkehrssektor reduziert werden, sondern dort, wo es aus volkswirtschaftlicher Sicht am günstigsten sei.

Die Fraktion der Freien Demokraten brachte einen Gesetzentwurf über eine hessische Transparenz- und Zuwendungsdatenbank ein, der in erster Lesung im Plenum beraten wurde. „Das hessische Transparenzregister für Wohlfahrtsorganisationen ist in seiner jetzigen Form nicht ausreichend. Es muss für die Steuerzahler dringend mehr Transparenz darüber geschaffen werden, wie öffentliche Gelder verwendet werden, sonst droht ein Vertrauensverlust. Das haben uns die AWO-Skandale deutlich gezeigt“, erklärte Rock. „Wir Freie Demokraten wollen mit unserem Gesetzentwurf dafür sorgen, dass Wohlfahrtsverbände sowie weitere Empfänger von Zuwendungen des Landes Hessen verpflichtet werden, Daten über die Herkunft und Verwendung finanzieller Mittel zu veröffentlichen. Wer Fördermittel erhalten will, muss mitmachen.“ Diese Regelung soll allerdings nur dann greifen, wenn die Zuwendungen des Landes für die jeweilige Organisation einen Jahresbetrag von 25.000 Euro übersteigen. Des Weiteren sollen die Zahlungsempfänger ihre Tätigkeiten und Strukturen offenlegen müssen. Außerdem muss auch das Land in einer Zuwendungsdatenbank darstellen, an welche Organisation wie viel Steuergeld zu welchem Zweck geflossen ist. „Nur so wird eine ausreichende Transparenz geschaffen, und diese ist wichtig für unsere Demokratie“, unterstrich Rock. „Das Ziel muss es daher sein, dass Verbände, Einrichtungen und Dienste gegenüber der Öffentlichkeit glaubwürdig auftreten, um das Vertrauen der Bürger nicht zu verspielen. Dazu ist es unerlässlich, dass die Organisationen ihre Tätigkeiten sowie ihre Finanzierungsquellen und die Mittelverwendung offenlegen.“

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