Plenarwoche: „Mit dieser Politik kommt Hessen nicht von der Stelle“
ROCK: „Mit dieser Politik kommt Hessen nicht von der Stelle„
- Kommunen brauchen dringend Unterstützung bei der Aufnahme Geflüchteter
- Ende der Maskenpflicht im ÖPNV bleibt überfällig
- Autobahnen dürfen kein Ort für Demonstrationen sein
- Energiegesetz: 260 m hohe Betonanlagen im Wald sind kein Klimaschutz
- Freie Demokraten bringen eigenes Teilhabe- und Integrationsgesetz ein
- Landtagswahlrecht mit 16 Jahren gibt jungen Menschen mehr Mitsprache
WIESBADEN – „Hier eine halbherzige Verordnung, dort ein zögerlicher Gesetzentwurf, mit dieser Politik kommt Hessen einfach nicht von der Stelle,“ sagte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK, anlässlich der Sitzungswoche im November 2022. „Statt sich am wirklichen Leben der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu orientieren, drehen sich CDU und Grüne ideologisch im Kreis. Das ist nicht gut für unser Land.“
Mit einem eigenen Antrag haben die Freien Demokraten die schwarz-grüne Landesregierung aufgefordert,einen Flüchtlingsgipfel anzusetzen und Hilfe für die hessischen Kommunen in die Wege zu leiten. „Angesichts der hohen Zahl an Menschen, die zu uns kommen, ist jetzt eine Unterstützung der Städte und Gemeinden durch das Land absolut dringend. Viele Kommunen sind in Bezug auf die Unterbringung schon jetzt an der Belastungsgrenze“, sagte Rock. „Wir fordern die Landesregierung auf, die Kapazitäten in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes schnellstmöglich auszuweiten und so die Zuweisungen an die Kommunen über die nächsten Monate zu senken.“ Ebenso müsste Hessen analog zu Bayern die Vorfinanzierung der Unterbringungskosten für die Geflüchteten und eine Erhöhung der Kostenpauschale gewährleisten. Erforderlich sei darüber hinaus ein umfassendes Lagebild, bislang habe die Landesregierung hauptsächlich Unwissen bewiesen. Die Aussagen und Hilferufe der Kommunen sprächen jedoch für sich: „Das ungeordnete Durchreichen der Geflüchteten an die Kommunen ist ein angekündigtes Staatsversagen. Aktuell tragen die Kommunen die Hauptlast. Sie brauchen aber einen Vorlauf, um sich auf die Aufnahme vorzubereiten und eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten“, mahnte Rock. „Wir fordern einen seriösen Plan für die kurzfristige Aufnahme Geflüchteter, Mindeststandards bei der Unterbringung, eine Vorfinanzierung der Unterbringungsleistung und eine Neuaufstellung der Ausländerbehörden, die zurzeit mit den Anträgen völlig überlastet sind. Menschen ohne Bleibeperspektive müssen darüber rasch informiert werden, davon profitieren auch jene, die bleiben dürfen und dann schneller Zugang zu Sprache, Ausbildung und Arbeit erhalten.“
„Es wird höchste Zeit, dass die Regierungskoalition aus CDU und Grünen am Übergang von der Corona-Pandemie zur Endemie den hessischen Bürgerinnen und Bürgern wieder vertraut und ihnen die Eigenverantwortung zurückgibt. Deshalb begrüßen wir, dass der beständige Druck von uns Freien Demokraten gewirkt hat und die Isolationspflicht für Infizierte wohl auch in Hessen ein Ende findet“, unterstrich Rock mit Blick auf die von den Freien Demokraten angesetzte Aktuellen Stunde zur Corona-Lage. Doch während die Pflicht in Bayern, Baden-Württemberg und in Schleswig-Holstein aufgehoben wurde, sei die hessische Landesregierung ein konkretes Datum schuldig geblieben. „Worauf wartet Minister Kai Klose eigentlich noch? Wir erwarten unverzüglich eine entsprechende Verordnung. Die Wissenschaft ist dabei auf unserer Seite. Das zeigen zahlreiche positive Rückmeldungen zum angekündigten Ende der Isolationspflicht.“
Rock bekräftigte die Forderung der Freien Demokraten, auch die Maskenpflicht im ÖPNV abzuschaffen. „Es ist den Menschen nicht zu erklären, warum im ÖPNV schärfere Regeln gelten als im Büro, in der Schule, in Konzerten oder in der Gastronomie.“ Darüber hinaus verlangte Rock, auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen. „Die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat keinen Nutzen mehr – im Gegenteil: Sie verschärft den Personalmangel im Gesundheitswesen unnötig. Gefragt sind intelligente Impfangebote und gute Schutzmaßnahmen.“
Für bedenklich erachtete Rock das von der Landesregierung in erster Lesung vorgelegte Gesetz zur Neuregelung des hessischen Versammlungsrechts, das nach deren Vorstellung eine friedliche Demonstrationskultur fördern soll: „Das erste hessische Versammlungsgesetz droht, zur verpassten Chance werden. Der vorliegende Entwurf ist ein netter Anfang, aber gerade die wirklich drängenden aktuellen Themen werden darin nicht geregelt und damit einfach ausgeblendet. So müssen Demonstrationen auf Autobahnen, aber auch Abseilaktionen von Autobahnbrücken unterbunden werden. Sie stellen eine Gefährdung für Leib und Leben dar, die nicht zu verantworten ist.“ Rock verwies auf eine entsprechende gesetzliche Regelung in Nordrhein-Westfalen, die Versammlungen auf Bundesautobahnen untersagt. „Autobahnen dienen allein einem raschen und sicheren Fortkommen der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer.“ Rock ergänzte: „Ziel eines Versammlungsgesetzes muss es über dieses besondere Thema hinaus sein, dass Versammlungen und damit die Meinungsfreiheit in Hessen gestärkt werden. Das gilt unabhängig von der Frage der jeweiligen politischen Inhalte und ungeachtet dessen, ob diese von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden.“
Rock kritisierte das geplante Energiegesetz von CDU und Grünen auch in der zweiten Lesung scharf: „Es bleibt dabei: Diese Landesregierung legt nach 9 Jahren endlich ein Energiegesetz vor, aber es stehen nur Ziele drin, es fehlen konkrete Schritte, nachvollziehbare Maßnahmen und der Nachweis, dass sich Hessens schlechte Klimabilanz tatsächlich positiv verändern wird. Wir Freien Demokraten mahnen erneut, die konkreten Eckpunkte erfolgreicher Energie- und Klimapolitik in Angriff zu nehmen: Erstens, die CO₂-Vermeidungskosten, denn die Reduzierung des CO₂-Ausstoßes kostet den Steuerzahler viel Geld. Wie können wir mit dem vorhandenen Geld maximal CO₂ einsparen? Diese Frage muss beantwortet werden. Zweitens der Zeitfaktor: Wie schnell wirken die geplanten Maßnahmen? Drittens die Ressourcen: Wie realistisch sind unsere Maßnahmen, welche Möglichkeiten der CO₂-Vermeidung stehen uns zur Verfügung? Wir Freien Demokraten plädieren hier erneut für den Einsatz von Wasserstoff, erst grauen oder blauen, später dann grünen Wasserstoff. Wir müssen jetzt handeln, nicht erst wenn uns die perfekte Technologie zur Verfügung steht. Fast erheiternd ist es, wenn die Landesregierung erst jetzt die verbindliche Installation von PV-Anlagen auf ihren eigenen Gebäuden plant. Bedenklich ist hingegen, dass Energieminister Al-Wazir (Die Grünen) in der jetzigen Krise grundlastfähige Biogasanlagen ablehnt. Dafür aber in nicht geeigneten hessischen Wäldern und Naturschutzgebieten 260 m hohe Windbetonanlagen bauen und den 1.000 m Schutzabstand verringern will.“
Das von der schwarz-grünen Landesregierung geplante Integrationsgesetz erachteten die Freien Demokraten für zu mutlos, sie brachten daher einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag ein. „Wir Freien Demokraten wollen die Integration in Hessen radikal reformieren, wir müssen weg vom Stillstand von CDU und Grünen, wir müssen das Mitbestimmungsrecht von Menschen mit Migrationshintergrund verbessern“, betonte Rock. „Unser Entwurf für ein Teilhabe- und Integrationsgesetz reagiert auf die Herausforderungen der Zeit. Wir wollen, dass Hessen jährlich mindestens 20 Millionen Euro in die Integration investiert“, erklärte Rock anlässlich der Plenardebatte über die beiden Gesetzentwürfe. „Die Akzeptanz von religiöser, kultureller oder sprachlicher Vielfalt ist in Hessen noch ausbaufähig. Wir Freien Demokraten haben daher in unserem Entwurf zentrale Themen geregelt, die die Landesregierung ignoriert hat. Hessen muss eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, um die Fachkräfteeinwanderung zu beschleunigen. Der andauernde Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel droht sonst Hessens Wirtschaft und Wohlstand auf Dauer zu schwächen. Zudem muss die Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse schneller erfolgen. Wir müssen die Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund in Wirtschaft und öffentlichem Dienst fördern. Deshalb planen wir unter anderem ein eigenes Beratungsprogramm des Landes, das die Angebote des Bundes ergänzt.“ Rock unterstrich die Bedeutung des Erlernens der deutschen Sprache sowie der Integration durch Ausbildung und Arbeit. „Unsere Maßnahmen sollen so gestaltet und angewendet werden, dass sie die Integration als gesamtgesellschaftlichen Prozess umsetzen, der durch die Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützt wird.“
Die Freien Demokraten haben sich für eine Absenkung des Landtagswahlalters auf 16 Jahre ausgesprochen. „Bisher werden Interessen jüngerer Menschen in politischen Entscheidungsprozessen nur unzureichend berücksichtigt“, erläuterte Rock mit Blick auf die Plenardebatte über eine entsprechende Verfassungsänderung. „Es geht ja schließlich um Entscheidungen, die weit in die Zukunft reichen und jüngere Menschen deutlich länger und stärker betreffen als ältere.“ Besonders stark sei das bei Fragen der Renten-, Finanz-, Digital- und Klimapolitik der Fall. Rock verwies darüber hinaus auf die Jugend- und Sozialforschung, laut der es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Willensbildungsprozessen 16- und 18-Jähriger gibt. „Mangelndes politisches Wissen oder fehlendes Verantwortungsbewusstsein sind keine Frage des Alters. Auch Volljährige treffen mitunter Wahlentscheidungen, die von anderen als unvernünftig empfunden werden, oder nehmen ihr demokratisches Wahlrecht nicht wahr“, betonte Rock. „Ich bin überzeugt: Diese politische Partizipationschance wird die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen zwischen 16 und 18 Jahren stärken und kann dazu beitragen, die Gesamtwahlbeteiligung zu steigern.“ Keiner dürfe dabei vergessen, dass eine Änderung der Hessischen Verfassung notwendig sei. „Der Volksentscheid gemäß Artikel 123 Absatz 2 HV kann mit der Landtagswahl im Herbst 2023 durchgeführt werden“, so der Vorschlag der Freien Demokraten.
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