Rekommunalisierung des Seligenstädter Stromnetzes
Schluss mit Wunschvorstellungen
Seligenstadt – Im Zuge der Neuvergabe der Konzession für den Betrieb des Seligenstädter Stromnetzes sollte durch Beschluss in der Stadtverordnetenversammlung Anfang 2013 durch den Magistrat geprüft werden, ob eine Übernahme durch die Stadt sinnvoll ist.
Hohe Erwartungen wurden seinerzeit an das Vorhaben geknüpft. Mit der im Trend liegenden Rekommunalisierung schien der Goldesel gefunden zu sein, mit dem der Haushalt saniert werden könne.
Zur Prüfung von Voraussetzungen und Wirtschaftlichkeit wurde vom Magistrat extra die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers AG (PwC) beauftragt, welche bereits in ihrem ersten Gutachten auf die Risiken der Unternehmung hinwies.
Ein aktuelles Gutachten zeigt nun in aller Deutlichkeit den Unterschied zwischen Vorstellung und Wirklichkeit:
Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darlegt, beabsichtigt die Bundesnetzagentur im kommenden Jahr die Eigenkapitalrenditen für Investitionen in die Strom- und Gasnetze herabzusetzen. Diese Zinssätze dienen der Ermittlung der zulässigen Erlösobergrenze eines Netzbetreibers. Die Auswirkungen auf künftige Vorhaben sind gravierend. „Bestand vorher noch die geringe Möglichkeit auf einen kleinen Mehrerlös, gelänge der Stadt nach dem nun prognostizierten Sachstand bestenfalls ein Nullsummenspiel. Dem ohnehin hohen finanziellen Risiko steht damit nicht einmal mehr die Aussicht auf einen Gewinn gegenüber“, erklärt Christian Bengs, finanzpolitischer Sprecher der Liberalen.
So sieht nach Ansicht der Seligenstädter Liberalen jedenfalls kein verantwortungsvoller Umgang mit dem Geld der Bürger aus. Favorisiert wird eine klassische Konzession an die Energieversorgung Offenbach (EVO). Die EVO wurde seinerzeit extra gegründet, weil es für die einzelnen Städte nicht wirtschaftlich ist das Stromnetz selbst zu betreiben.
Auch bringt ein Stromnetz in städtischer Hand darüber hinaus keinerlei Vorteile. Zu dem finanziellen Risiko kommt, dass der Stadt weder energiepolitischer Spielraum hinsichtlich der Stromherkunft eröffnet wird, noch die Kosten für die Bürger sinken. Vielmehr schränkt ein städtischer Anbieter den Wettbewerb ein und mit der Zersplitterung der Stromnetze wird die durch die Energiewende besonders wichtig gewordene Netzsteuerung unnötig erschwert.
Bestätigt durch die neuste Einschätzung zeigt sich die Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten in Seligenstadt Susanne Schäfer. „Wir standen dem Thema jeher skeptisch gegenüber. Das Betreiben eines eigenen Stromnetzes ist eine komplexe Angelegenheit, die man Profis überlassen muss.“
Für die FDP Fraktion ist damit klar: es ist nun an der Zeit sich vom Wunschdenken einer saftigen Rendite zu verabschieden und realistisch nach der tatsächlichen Sachlage zu entscheiden.