ROCK: Abenddämmerung der hessischen Politik beenden

03.06.2022

Plenarwoche im Hessischen Landtag Mai/Juni 2022

  • Boris Rhein muss Hessen aus dem Mittelmaß führen
  • Frankfurt braucht Zukunft als global relevanter Finanzplatz
  • Wohneigentum in Hessen bedarf besserer Förderung
  • Freie Demokraten fordern Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer
  • Digitale Bildung ermöglicht Chancen für alle

WIESBADEN – „Ich erwarte vom neuen hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein ein 100-Tage-Beschleunigungsprogramm statt einer Schonfrist. Hessen muss dringend aus seiner Abenddämmerung befreit werden“, sagte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK, angesichts einer Sitzungswoche, die ganz im Zeichen des Wechsels an der Spitze der schwarz-grünen Landesregierung stand.

Rock gratulierte dem am 31. Mai 2022 vom Landtag gewählten Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) zu seinem neuen Amt und wünschte ihm viel Glück und Erfolg für seine große Aufgabe. Gleichzeitig nahm er ihn aber in die Pflicht: „Boris Rhein ist ein vernünftiger Mensch und erfahrener Politiker, von dem wir erwarten, dass er sofort umschaltet und an die Arbeit geht. Er ist nun eben nicht mehr Landtagspräsident und damit der freundliche Repräsentant an der Spitze des Parlaments, sondern aufgefordert, seinen politischen Kurs aufzuzeigen und Hessen aus dem Mittelmaß zu führen, das leider am Ende der Amtszeit von Volker Bouffier steht“, forderte Rock. „Wie geht es nun weiter mit Hessen? Das ist ein sehr ernstes Thema. Wir erwarten einen Neustart, kein ‚Weiter so‘. Bouffier hat Rhein unzählige Baustellen hinterlassen, die nicht warten können und die endlich mit Realismus angegangen werden müssen. Das gilt für eine vernünftige Klimaschutz-Strategie, einen neuen Fokus auf Wirtschaft und Arbeit, die Digitalisierung bis hin zum Gesundheits- und Bildungswesen. Die bisherige Bilanz ist vernichtend.“

Rock begrüßte die erste Kabinettsumbildung, die Rhein vornahm und die von den Freien Demokraten gefordert worden war. „Es ist nur konsequent, dass Eva Kühne-Hörmann nicht länger die Verantwortung für das Justizministerium trägt“, erklärte Rock mit Blick auf die verschleppte Einführung der E-Akte, die große Personalnot in der hessischen Justiz sowie den Justizskandal um einen unter Korruptionsverdacht stehenden Frankfurter Oberstaatsanwalt. „Die bisherige Ministerin hat ziemlich viele Scherben hinterlassen. Ihr Nachfolger Roman Poseck hat nun die Herausforderung, sowohl Aufklärungsarbeit zu leisten als auch dafür Sorge zu tragen, dass Hessens Justiz im Bundesvergleich wieder nach oben kommt, als Arbeitgeberin attraktiv wird und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnt.“

Rock gratulierte zudem Astrid Wallmann (CDU) zu ihrer Wahl zur Landtagspräsidentin: „Wir freuen uns, dass erstmals eine Frau an der Spitze des Parlamentes steht, und wünschen ihr eine glückliche Hand für ihre Arbeit als Landtagspräsidentin. Unsere Glückwünsche verbinden wir mit der Erwartung, dass die neue Landtagspräsidentin das Parlament als erste Staatsgewalt selbstbewusst vertritt und nicht nur Repräsentantin der Mehrheitsfraktionen ist, sondern des gesamten Parlaments, so wie es ihr Vorgänger war.“

„Der Brexit hat nicht wie gehofft zu einer massiven Stärkung Frankfurts als Finanzmetropole geführt, andere Städte wie Paris und Amsterdam haben stattdessen profitiert“, konstatierte Rock anlässlich der Plenardebatte zum Finanzplatz. Zwar sei die Ansiedlung des International Sustainability Standards Boards (ISSB) nach zahlreichen Rückschlägen ein Erfolg für den Finanzplatz, sich darauf auszuruhen, sei jedoch falsch. „Die Landesregierung will offenbar mit Greenwashing ihre gescheiterte Strategie zum Finanzplatz Frankfurt verbergen, nachdem sowohl die Ansiedlung von Unternehmen der Finanzbranche als auch die Ansiedlung von Fintechs längst nicht im erhofften Umfang funktioniert hat.“

„Frankfurt braucht eine Zukunft als ein global relevanter Finanzplatz – nicht zuletzt aufgrund einer noch immer starken Realwirtschaft, erläuterte Rock.“ Für einen wirklich starken Finanzplatz müssten dessen entscheidende Akteure sowie Bundes- und Landesregierung weiter an einem Strang ziehen, so wie sie es bei der ISSB-Ansiedlung erstmals getan hätten. Ebenso müsse die Regulierung auf der digitalen Höhe bleiben. „Das Financial Big Data Cluster reicht nicht aus. „Die Landespolitik muss wieder für den Finanzplatz brennen, statt ihm wie so oft mit Desinteresse oder Gleichgültigkeit gegenüberzustehen oder ihn als notwendiges Übel zu sehen. Hessen braucht Minister und Frankfurt ein Stadtoberhaupt, die für den Finanzplatz brennen. Wer wirtschaftlicher und finanzieller Stärke misstrauisch oder gleichgültig gegenübersteht, hat die Grundlagen für eine gesunde und freie Gesellschaft nicht verstanden.“

Die Freien Demokraten im Hessischen Landtag wollen den Erwerb von Wohneigentum erleichtern und setzen sich daher für eine Verbesserung der Darlehensprogramme und Förderbedingungen der Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI-Bank), der Förderbank des Landes Hessen, ein. „Wohneigentum schützt am besten vor explodierenden Mieten und ist die beste Altersvorsorge. Doch leider können sich immer weniger Hessinnen und Hessen diesen Traum erfüllen“, kritisierte Rock und verwies auf steigende Immobilienpreise, Inflation sowie steigende Baupreise durch staatliche Restriktionen. „Dazu kommt, dass die Zinsen für Baudarlehen in wenigen Wochen rasant gestiegen sind. Im Durchschnitt liegen die Zinsen bei 2,8 Prozent für zehnjährige Darlehen, das ist drei Mal so viel wie vor einigen Wochen. Allein dieser Zinsanstieg der vergangenen Wochen führt dazu, dass sich viele Menschen eine Baufinanzierung nicht mehr leisten können.“

Die Darlehensprogramme der WI-Bank seien jedoch in den vergangenen Jahren kaum abgerufen worden. „Im Jahr 2020 wurden 104 Wohneinheiten im Neubau-Programm gefördert, im vergangenen Jahr 79. „Das ist viel zu wenig, wenn die Verantwortlichen ernsthaft daran arbeiten wollen, Wohneigentum zu fördern und die schwache Wohneigentumsquote von 47,5 Prozent zu steigern, die Hessen derzeit nur Platz acht im Ranking der Bundesländer beschert. Der zuständige Minister Tarek Al-Wazir (Grüne) muss auf die WI-Bank zugehen, damit die Programme auf die Höhe der Zeit gebracht werden. Konkret bedeutet das: kürzere Bearbeitungszeiten, Digitalisierung der Programme, höhere Einkommensgrenzen sowie höhere maximale Darlehenssummen“, verlangte Rock. 

Mit einem Antrag setzten sich die Freien Demokraten zudem für einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer ein. „Die Grunderwerbssteuer ist ein weiterer Faktor, weshalb für die meisten Menschen der Traum von den eigenen vier Wänden nur noch mit einer langfristigen Verschuldung zu realisieren ist, betonte Rock. „Konkret fordern wir bei Erwerb einer selbst genutzten Immobilie einen Freibetrag von 500.000 Euro. „Wer diesen Freibetrag voll ausschöpft, spart beim Kauf 30.000 Euro – das ist für die meisten Menschen mehr als ein Netto-Jahresgehalt und kann den entscheidenden Unterschied ausmachen. Die Ampel-Koalition im Bund hat bereits angekündigt, die rechtlichen Voraussetzungen für einen auf Landesebene umzusetzenden Freibetrag zu schaffen.

Rock ergänzte: „Das Steueraufkommen aus der Grunderwerbsteuer ist mit den Immobilienpreisen durch die Decke gegangen. In den vergangenen zwölf Jahren hat sich das Steueraufkommen für Hessen aus der Grunderwerbsteuer fast verfünffacht. Gleichzeitig ist die Anzahl der Immobilienverkäufe in Hessen rückläufig. In der logischen Konsequenz ist daher eine Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger überfällig.“

„Unsere Schulen müssen zu einem umfassenden und guten Lernort werden und dazu gehören auch alle Möglichkeiten der digitalen Bildung“, zeigte sich Rock überzeugt. „Hier hat Hessen noch einen großen Nachholbedarf, und das obwohl gerade die digitalen Lernmittel die Chancen auf Teilhabe und Bildung für alle jungen Menschen enorm erhöhen. Mit unserem Schwerpunktthema haben wir zum Ausdruck gebracht, dass die bisherigen Bemühungen bescheiden sind. Wir benötigen jetzt einen Expertenrat, in dem alle Beteiligten zusammenkommen – nämlich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Schülerschaft, Elternschaft und Lehrkräfte“, erklärte Rock. Er forderte darüber hinaus einen verpflichtenden Informatikunterricht: „Bei einem Universitätsbesuch in Hessen zum Thema ‚Künstliche Intelligenz‘ wurde genau dies bemängelt. Hessische Studenten und Studentinnen bringen aus den Schulen noch nicht einmal die Grundvoraussetzungen für ein Informatik-Studium oder ähnliche Studiengänge mit.“

Die Freien Demokraten wiesen zudem darauf hin, dass es auch in den Schulen einen Einsatzrahmen für Künstliche Intelligenz, die Einrichtung von KI-Innovationsschulen sowie einen Pool KI-gestützter Anwendungen geben sollte. Mit Blick auf die kanadische Provinz Alberta sagte Rock: „Dort werden unterschiedliche Daten gesammelt und letztlich für die Schulentwicklung genutzt – Daten zu Kompetenzstandards, zu Bildungsbiographien, aber auch zur Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern. Alle Daten zusammengenommen ergeben ein Gesamtbild, was gut läuft und wo nachgesteuert werden muss. Damit wird die Chancengerechtigkeit verbessert und das Leistungsniveau gesteigert.“

Mehr Informationen und Videos zur Plenarwoche finden Sie unter fdp-fraktion-hessen.de/plenarberichte/