ROCK: Offensive Politik braucht Angebotserweiterung

13.10.2022

Plenarwoche im Hessischen Landtag im Oktober 2022

  • Regierungserklärung: Der hessischen Justiz fehlt eine klare Strategie
  • Doppelhaushalt bevorzugt grüne Prestigeprojekte statt Krisenbekämpfung
  • Inflationsausgleich entlastet 48 Millionen Bürger
  • Landesregierung muss Kita-Sprachförderung weiterführen
  • Schwarz-grünes Klimaschutzgesetz kopiert nur Ziele, nennt aber keine Wege
  • Freie Demokraten fordern kommunales Wahlrecht mit 16 Jahren

WIESBADEN – „Eigentlich hatte ich angesichts der Einbringung des Doppelhaushalts 2023/24 durch die hessische Landesregierung eine lebendige und spannende Plenarwoche erwartet“ sagte der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René ROCK, über die Sitzungswoche im Oktober 2022. „Vonseiten der Opposition war dies ja auch der Fall. Viele kritische Themen und Anträge wurden angesprochen und eingereicht. Doch CDU und Grüne bleiben passiv und verwalten in Krisenzeiten den Stillstand.“

Die dreitägigen Beratungen des Hessischen Landtags begannen mit einer Regierungserklärung von Justizminister Roman Poseck (CDU), der mit 477 neuen Stellen im Entwurf der Landesregierung für den Doppelhaushalt 2023/24 die hessische Justiz stärken will. Dieses Stellenaufbauprogramm war den Freien Demokraten entschieden zu wenig. „Ohne klare Strategie, ohne ein neues Leitbild für die Justiz in Hessen werden die neuen Stellen nicht wirken“, erklärte Rock. „Das Ziel muss sein, dass Hessens Justiz vom Hausmeisterposten bis zur Richterstelle der attraktivste und erstrebenswerteste Arbeitsplatz überhaupt wird. Die Justiz in Hessen ist in keinem guten Zustand und wir müssen unsere Zielvorstellung definieren. Wo wollen wir hin? Was soll erreicht werden? Das fehlt völlig.“

Der neue Justizminister bemühe sich engagiert und redlich, die Scherben seiner Vorgängerin zusammenzukehren. „Einiges begrüßen wir ausdrücklich. Ein gutes Zeichen ist die Einrichtung einer Stabsstelle für das Projekt E-Akte. Die Stelle wurde mit einem erfahrenen Richter des OLG besetzt und ist direkt der Staatssekretärin zugeordnet. Das ist ein wichtiger Schritt“, erklärte Rock und nannte weitere Baustellen: „Neben einer umfassenden Digitalisierung sehen wir die im Vergleich zu anderen Bundesländern unterdurchschnittlichen Besoldung für Richter, Staatsanwälte, Geschäftsstellenmitarbeiter, Rechtspfleger und Strafvollzugsbedienstete.“

Rock kritisierte die Neigung der schwarz-grünen Landesregierung, den Bundesjustizminister zur Verantwortung zu ziehen. „Damit verkennt sie die verfassungsrechtlich klare Situation, dass Justiz primär Ländersache ist. Die Überforderung der Justiz in Hessen ist absolut selbstverschuldet.“

Den in der ersten Lesung im Landtag diskutierte Doppelhaushalt 2023/24 bezeichnete Rock als „energielos und am Bedarf der Menschen vorbeigehend“. „Ein Doppelhaushalt in instabilen Zeiten ist ein denkbar schlechtes Instrument, wenn man agil und zielgenau reagieren muss. Hessen braucht eine Finanzpolitik, die sich angesichts multipler Krisen zu soliden Finanzen bekennt und sich auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation, sicheren Energieversorgung, Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Hessen konzentriert. Stattdessen werden Schuldenberge für ideologische Prestigeprojekte und die Aufblähung der Verwaltungsapparate in den Ministerien aufgetürmt.“

Rock bemängelte: „In diesen Krisenzeiten, in denen sich viele Menschen große Sorgen machen, wie sie Sach- und Energiekosten stemmen sollen, in denen das Fortbestehen von Teilen des Mittelstands mit einem Fragezeichen versehen ist, ist der Ausbau des Ministerialapparats und der Ministerbüros verantwortungslos. Der Staat muss gerade beim Sparen beispielhaft vorangehen und alle Ausgaben einem Ausgabencheck unterziehen.“ Stattdessen präsentiere die Landesregierung einen Klimacheck, der durch Monitoring, Beirat und Kontrolle neue Stellen erforderlich mache. „Beim Anheizen des Ausgabevolumens durch solche Projekte wird leider vergessen, dass das Steuergeld auch von jemanden erwirtschaftet werden muss. Um den Mittelstand sowie die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu entlasten, ist ein Ausgabencheck daher mehr als überfällig: Hessen könnte deutlich besser durch die Krise kommen.“

Rock wies zudem darauf hin, dass die Investitionsquote unter Schwarz-Grün ein Schattendasein führe. „Dabei müssen doch Forschung, Innovation und Entwicklungen angeschoben werden, um den Standort Hessen zu stärken“, unterstrich Rock. Im Investitionsprogramm der Landesregierung fehle zum Beispiel eine Energieoffensive, die eine Angebotserweiterung zum Ziel habe. „Überall in Deutschland wird nach Ersatz für russisches Gas und Öl gesucht, vielerorts wird daher nun auch in die Zukunftstechnologie Wasserstoff investiert und entsprechend geforscht. Der grüne Energieminister in Hessen hat dazu bei der Vorstellung seines Haushalts kein Wort verloren, obwohl der Energieverbrauch ansteigt. Man könnte meinen, dem grünen Wirtschafts- und Energieminister ist eher an Deindustrialisierung als an der Förderung des Wirtschaftsstandortes Hessen gelegen.“

Rock begrüßte, dass die Landesregierung erkannt habe, dass das Aussetzen der Schuldenbremse keine Option für die Haushaltsaufstellung sein dürfe. „Nach einer Volksabstimmung hat die Schuldenbremse Eingang in die Verfassung gefunden. Es ist der Wille der hessischen Bürgerinnen und Bürger, dass die Schuldenbremse Verfassungsrang hat“, erläuterte Rock. „Was es braucht, ist eine ausgeprägte Schuldenallergie, denn Schulden sind nur die Ultima Ratio – und zwar nur für Existenzsicherung, Systemsicherung und Zukunftsinvestitionen. Die Landesregierung muss jetzt das tun, was auch von den Bürgerinnen und Bürgern gefordert wird: sparen, wo immer es möglich und angezeigt ist!“

Im Rahmen ihrer Aktuellen Stunde forderten die Freien Demokraten die Landesregierung auf, das Inflationsausgleichsgesetz im Bundesrat zu unterstützen. „Die Inflation hat zu einem sprunghaften Anstieg der Verbraucherpreise geführt. Sie zerstört das Vertrauen in die Zuverlässigkeit eines Staates. Deswegen sind Inflationsraten von fast zehn Prozent brandgefährlich für unseren Wohlstand und unsere Freiheit und Demokratie“, betonte Rock. „Von einem Einkommen in Höhe von 40.000 Euro im vergangenen Jahr bleiben Ende dieses Jahres real lediglich 36.000 Euro Kaufkraft. Wenn der Staat diese 36.000 Euro reale Kaufkraft jetzt besteuert, als wären es 40.000 Euro, dann verteilt der Staat Einkommen aus den Taschen der Bürgerinnen und Bürger in das Staatssäckelchen um. Das ist angesichts der angespannten Wirtschaftslage und steigenden Verbraucherpreise niemandem zu vermitteln,“ erklärte Rock. Daher sei es wichtig, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner auch gegen Widerstände das Inflationsausgleichgesetz vorgelegt habe. „Entgegen aller Erzählungen von Linken und Grünen betrifft die Abschaffung der kalten Progression nicht nur Reiche, und das Gesetz macht auch niemanden reich. Vielmehr entlastet es 48 Millionen Bürgerinnen und Bürger, nämlich die arbeitende Mitte, sprich all die Menschen zwischen Grundsicherung und Reichtum. Der Maurer, die Chefärztin, der Bürokaufmann und die Ingenieurin: Sie alle gehören zur arbeitenden Mitte, die dieser Tage Entlastung bitter nötig hat.“

Rock ermahnte die Landesregierung zudem, sich für eine automatische Anpassung des Lohn- und Einkommensteuertarifs an die Teuerungsrate einzusetzen. „Eine automatische Anpassung wäre ein dauerhafter Schutz gegen kalte Progression.“

Inhaltlicher Schwerpunkt war für die Freien Demokraten in dieser Sitzungswoche die Sprachförderung im Rahmen frühkindlicher Bildung. In einem Antrag forderten die Freien Demokraten, die Fortsetzung der Sprachförderung in hessischen Kitas zu garantieren und individuelle Betreuung mit der notwendigen Priorität zu behandeln. „In Hessen gibt es 534 Sprach-Kitas, deren wichtige Arbeit fortgesetzt werden muss. Die Strukturen des auslaufenden Sprach-Kita-Programms des Bundes müssen daher zwingend erhalten bleiben und in die Verantwortung des Landes gegeben werden. Schwarz-Grün muss jetzt die Garantie geben, dass das Programm mit originären Landesmitteln fortgeführt wird“, unterstrich Rock, der auch Fachsprecher seiner Fraktion für frühkindliche Bildung ist.

Rock fügte hinzu: „Sprache ist ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung, und Sprache ist mit Lese- und Schreibkompetenz gekoppelt. Sprache ist letztlich der Schlüssel zum Bildungserfolg.“ Sprachförderung müsse bereits in der Kindertagesstätte beginnen, denn Sprachschwächen seien schon bei Kindern ab drei Jahren festzustellen und verstärkten sich über die Zeit. Deshalb sei eine frühe und individuelle Förderung so wichtig. Die Förderung der Sprachkompetenz sei dabei nicht nur für Kinder mit Migrationshintergrund von Bedeutung, sondern auch für Kinder aus bildungsfernen Familien. „In einem Land wie Hessen mit einer lebendigen Wirtschafts- und Forschungslandschaft bieten sich für junge Menschen unglaublich viele Chancen. Sich in der Muttersprache und auch noch in Fremdsprachen gut ausdrücken zu können, ist eine ganz wichtige Voraussetzung für einen erfüllenden Berufsweg“, argumentierte Rock.

Das von der schwarz-grünen Landesregierung vorgelegte Klimaschutzgesetz bezeichnete Rock, der auch energiepolitischer Sprecher ist, als unzureichend. „Im nun neunten Jahr ihrer Regierung legen Grüne und CDU ein Klimaschutzgesetz vor, das die bereits auf Bundesebene formulierten Ziele kopiert, aber keine Wege aufgezeigt, wie die CO₂-Emissionen reduziert werden können. Wir Freien Demokraten haben bereits ein Wasserstoff-Zukunftsgesetz vorgelegt, ein wirklich zukunftsweisendes Projekt, das sich mit der Umsetzung der Klimaziele beschäftigt und den Verkehrssektor besonders im Blick hat. Dieser ist für den größten Teil der CO₂-Emissionen in Hessen verantwortlich, und seit 2015 sind die Emissionen auf diesem Sektor sogar noch von 13,7 auf 13,8 Tonnen angestiegen“, erläuterte Rock.

Nicht nur im Bereich Verkehr, auch insgesamt sei die Leistung der grünen Umweltministerin und des grünen Energieministers enttäuschend, was den CO₂-Abbau angehe. „Die Treibhausgas-Emissionen, die das Umweltministerium in seiner Bilanz aufführt, stagnieren seit 2015. Die realen Treibhausgas-Emissionen Hessens sind sogar höher, wenn man das Verursacherprinzip zugrunde legt. Wir in Hessen verursachen tatsächlich viel höhere Emissionen, aber weil Energie und Strom aus anderen Ländern importiert werden, stehen diese Emissionen in den Büchern dieser Länder“, erklärt Rock. Für ihn steht fest: „Hessen macht ausgerechnet unter den Grünen keinerlei Fortschritte beim Klima.“

Rock ergänzte „Schwarz-Grün macht sich lächerlich, wenn die Koalition in dem Gesetz beschließt, dass bis 2026 ein Plan für die energetische Sanierung der Landesgebäude zur Klimaneutralität vorzulegen ist, der dann ab 2028 umzusetzen ist. Zumal ihr Fokus dringend auf einer Energieoffensive zur Stärkung der Wirtschaft liegen müsste, die technologieoffene Investitionen ermöglicht.“

Die Freien Demokraten forderten im Plenum auch einen Aufbruch in der Jugendpolitik und warben für eine Teilnahme von Jugendlichen ab 16 Jahren an den Kommunalwahlen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde in dritter Lesung abschließend beraten. „Durch die Zulassung der Jugendlichen zur Kommunalwahl ermöglichen wir jungen Menschen ab 16 Jahren, ihre Anliegen besser zu vertreten und ermutigen Sie, sich politisch für ihre Kommune zu engagieren“, erklärte Rock. „Nicht nur in Jugendverbänden und –Organisationen nehmen sie Verantwortung wahr: Sie arbeiten, sie zahlen Steuern, Sozialabgaben, nehmen als Konsumenten am Wirtschaftsleben teil. Sie dürfen bereits mit 14 Jahren ihre Religion frei bestimmen und können strafrechtlich für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden. Auch die Mitgliedschaft in Parteien ist mit 16 Jahren zulässig, in einzelnen Parteien sogar schon früher. Rock verwies darauf, dass auch Experten in der Gesetzesanhörung zu dem Schluss kamen, dass die Absenkung des Wahlalters verfassungsrechtlich zulässig sei und die überwiegenden Gründe für ein kommunales Wahlrecht ab 16 sprächen. So seien die 16- und 17-Jährigen ausreichend einsichtsfähig, um eine Wahlentscheidung zu treffen – man dürfe ihnen ihr „demokratisches Existenzminimum“, also das Wahlrecht, nicht länger vorenthalten.

Mehr Informationen und Videos zur Plenarwoche finden Sie unter fdp-fraktion-hessen.de/plenarberichte/